Eine Geschichte,
wie Schule auch sein kann


Henry Dunant, Gründer vom Roten Kreuz – ein Tag in Heiden

von Sekundarstufe 1 am 18. März 2015
  • Allgemein

Das Henry-Dunant-Museum – eine Perle im malerischen und etwas verschlafenen Heiden – widmet sich der Persönlichkeit und dem Lebenswerk Henry Dunants (1828 – 1910), dem Gründer des Roten Kreuzes.
http://www.dunant-museum.ch

Doris Baschnonga, die gastfreundliche Museumsführerin, fesselte uns mit ihrem grossen historischen Wissen und ihrer lebendigen Erzählkunst.
Danke, Melvin,  fürs Organisieren und Planen dieser spannenden Begegnung in deinem Heimatdorf. Es war ein lohnenswerter Besuch; auch weil die Ausrichtung des Museums, neben der Bewahrung des Vergangenen, den Geist dieser aussergewöhnlicher Persönlichkeit weiterleben lässt und sich aktiv für die Verbesserung der Einhaltung der Menschenrechte und  für die Förderung des Friedens einsetzt.

DSC09150
Henry Dunant, geboren am 8. Mai 1828, hatte das Glück in einer sehr wohlhabenden Familie in Genf aufwachsen zu können. Seine Mutter , Antoinette Dunant-Colladon, war sehr religiös und sehr grosszügig,  Sie ging regelmässig in die Armenviertel des damaligen Genfs und half den Bedürftigen. Henry ging oft mit ihr mit, was ihn stark prägte. Henrys Vater, Jean-Jacques Dunant, war Kaufmann und handelte mit Weizen.

Henry ging, wie für wohlhabende damals üblich, auf eine Privatschule. In seinem Fall war es das Collège Calvin, leider waren seine schulischen Leistungen ungenügend. Auf Folge dessen, verliess er das Collège und wurde aufgrund seines Vaters Kontakte zu einem Bankier, in eine Banklehre gesteckt. Schnell viel der Bank Henrys überdurchschnittlich gute Überzeugungskunst auf. Wegen dieser wurde er, trotz geringer Erfahrung, in Französische Kolonien Nordafrikas entsandt um Geschäfte abzuwickeln. Nach einer kurzen Zeit in Afrika viel ihm auf, dass viele Europäer nach Nordafrika kamen und kurze Zeit später den Kontinent, dank Weizenhandel, reich verliessen. Er kündete der Bank und lieh sich schlussendlich 1 Million Franken von Freunden, Bekannten und Banken zusammen, mit welchen er sich 1000 ha Land in Algerien kaufte um darauf Weizen an zu bauen. Leider waren die Wasser- und Landrechte in der entsprechenden Region noch nicht richtig geregelt und Henry erhielt lediglich einen kleinen Bruchteil seines eigentlich erworbenen Landes.

Jetzt war Henry einerseits schwer verschuldet und hatte kein Land. Da die Behörden ihm nicht weiter helfen konnten oder sich höchst unkooperativ ihm gegenüber anstellten, wollte er sich direkt an den derzeitigen Machthaber Frankreichs wenden, Napoleon III,  welcher sich zurzeit ohnehin gerade in der Nähe der Schweiz (um genau zu sein in der Lombardei) aufhielt. Wie es der Zufall so wollte, kam er auf dem Weg zu Napoleon am Abend nach der Schlacht von Solferino eben dort vorbei. Er war zutiefst vom dort herrschenden Elend erschüttert, es lagen noch immer 38‘000 Verwundete, Sterbende und Tote auf dem Schlachtfeld welchen keinerlei Hilfe geleistet wurde. Er bat die Zivilbevölkerung aus dem Dorf und Umfeld bei der Pflege zu helfen und alles zur Unterstützung zu geben, was sie entbehren konnten. Er forderte die Helfer auf, keinen Unterschied zwischen den Soldaten hinsichtlich ihrer nationalen Zugehörigkeit zu machen. Darüber hinaus gelang es Dunant, die von den Franzosen gefangen genommenen Ärzte für die Versorgung freigestellt zu kriegen. Trotz der Hilfe, starben viele der Verwundeten.

Heiden

Unter Schock verbrachte Henry, auf empfehlen seiner Mutter, einen Monat in der Berghütte in der Nähe von Montreux. Danach reiste er nach Paris und erhielt den Orden des heiligen Mauritius und Lazarus sowie die zweithöchste Auszeichnung des Königreiches Italien. Zunächst versuchte er die finanzielle Situation seines Unternehmens in Algerien zu retten, was ihm aber nicht gelingen sollte. Da er darüber hinaus das in Solferino erlebte immer noch nicht richtig verarbeiten konnte, begann er mit dem Schreiben des Buches Eine Erinnerung an Solferino. Darin kam die Idee auf wie man zukünftig das Leiden der Soldaten, auf Basis einer sich neutral verhaltenden Hilfsorganisation, verringern könnte. Anfangs liess er eine Auflage von 1600 Exemplaren auf eigene Kosten anfertigen und verteilte diese anschliessend an wichtige und mächtige Politiker und Militärs ganz Europas. Nach durchwegs ausgezeichneten Rückmeldungen zum Buch, machte der Präsident der Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft zum Thema der Mitgliederversammlung im Februar 1863. Die im Buch gemachten Vorschläge und Ideen wurden von fast allen Anwesenden als machbar und realistisch empfunden. Dunant wurde anschliessend zum Mitglied einer Kommission ernannt. Während der ersten Tagung am 17. Februar 1863 beschlossen die fünf Mitglieder, die Kommission in eine ständige Einrichtung umzuwandeln. Dieser Tag gilt als Gründungsdatum vom Internationalen Roten Kreuz. Guillaume-Henri Dufour war Präsident, Gustave Moynier Vizepräsident und Dunant Sekretär.

Dunant

Jedoch gab es zwischen Moynier und Dunant verschiedene Meinungsunterschiede, unter anderem hielt Moynier Dunants Idee, dass Verwundete, Lazarette und Helfer dem Schutz der Neutralität unterstellt sind, für unrealistisch und für nicht machbar. Dieser Konflikt verschärfte sich, als Dunant eine umfangreiche Europareise antritt, um mit führenden Persönlichkeiten über eben diese Idee zu sprechen.

Im Jahre 1864 fand in Genf auf Forderung des Bundesrates eine internationale diplomatische Konferenz statt. Diese folgte auf eine im Jahr 1863 vom Komitee durchgeführte Konferenz und diente der Unterzeichnung der ersten Genfer Konvention. Es waren 12 Staaten anwesend, von denen alle unterzeichneten.

Aufgrund zunehmender Probleme mit seinem Geschäft in Algerien, war Dunant 1864 gezwungen Konkurs anzumelden. Die hatte nicht nur dramatische Folgen für ihn, sondern auch für seine Familie und Freunde, da diese auch wesentlich an Investitionen beteiligt waren. 1868 wurde Dunant vom Genfer Handelsgericht wegen betrügerischem Konkurs verurteilt. Vor allem auf wirken von Moynier wurde er deshalb aus dem Komitee geworfen. In den folgen Jahren lebte Dunant in materiellem Elend da er sich total für seine Ideen und Visionen eingesetzt hat, und sich währenddessen immer weiter verschuldete und keine Zeit für sich genommen hat. Über diese Zeit seines Lebens ist nur wenig bekannt, man weiss aber, dass er immer noch in ganz Europa unterwegs war, um für seine Ideen zu kämpfen.

DSC09178

1881 kam Dunant, zusammen mit einem Freund aus Stuttgart nach Heiden. Ab 1887 bekam er von Verwandten, jetzt in London lebend, monatlich kleine finanzielle Unterstützungen, die ihm zwar einen bescheidenen, jedoch einen armutslosen Lebensstil ermöglichten. Noch im selben Jahr konnte er sich dank dieser Unterstützung im Gasthof Paradies, ebenfalls in Heiden, niederlassen. Nachdem das Paradies aber einige Jahre später verkauft wurde, zügelte er in die nahegelegene Gemeinde Trogen, ohne sich dort wirklich wohl zu fühlen. Im April 1992 kehrte Dunant nach Heiden zurück, er schätzte den grandiosen Ausblick auf den Bodensee, welcher ihn an seine Heimatstadt Genf erinnerte, sowie den guten Ruf als Kurort. Er hauste im Spital der Gemeinde welches zu dieser Zeit vom Doktor Hermann Altherr geleitet wurde. Dort verbrachte er mehr oder weniger friedlich seinen Lebensabend, bis er am 30. Oktober 1910 starb.

Tobias

DSC09190