Eine Geschichte,
wie Schule auch sein kann


Weiterbildung, Rhythmusänderung, sinnstiftende Horizonterweiterung – ein Kulturaustausch

von école vivante am 22. August 2013
  • école vivante

Wie in allen Unterrichtsbereichen legen wir auch bei der Weiterbildung unserer Lehrkräfte großen Wert auf sinnstiftende Horizonterweiterung und persönliche Entwicklungschancen. www.ecolevivante.com
In diesem Jahr konnte unsere Praktikantin und zukünftige Lehrerin Latifa Masoud zwei Wochen in der Schweiz sein, sowohl in unserer Partnerschule wie auch bei lieben Freunden, durfte das Land näher kennen lernen und konnte sich somit zur Kulturbotschafterin der école vivante ausbilden.

Fortsetzung findet dieser Austausch nun mit dem Besuch des Schweizer Ehepaares Isabelle und Daniel Saluz, das mit seinen vier Kindern für ein Jahr hier im Ait Bouguemez Tal leben und das örtliche Team der école vivante im Unterricht unterstützen wird. Bestens vorbereitet und ausgebildet wurden die beiden Pädagogen von unseren Partnern Veronika Müller Mäder und Jürg Mäder der Scuola Vivante und somit können wir uns auf ihre fachlich kompetente und engagierte Mitarbeit freuen. Hier ihre ersten Impressionen.

„Nun sind wir schon eine gute Woche hier. Wir durften viele freundliche Leute kennen lernen. Trotz täglicher Spaziergänge und einer Bergtour haben wir erst einen kleinen Teil der Umgebung erkundet. Unser künftiges Haus ist schon fast fertig eingerichtet; einige kleinere bauliche Massnahmen stehen noch an. Isabelle hat eine unterhaltsam spannende Einkaufstour in Azilal erfolgreich gemeistert. Wir kämpften uns durch das Gewühl im Souk von Tabant und haben das dort ersteigerte halbe Lamm fachgerecht zerlegt und gekocht. Nur langsam gewöhnen wir uns an den hiesigen Rhythmus. Früh, wenn es noch kühl ist, aufstehen, sobald es warm wird in die Häuser verschwinden, spät nachmittags wieder raus. Nicht nur die Kinder haben Mühe sich umzustellen…

Auf der Suche nach einem spannenden Projekt, in welches wir uns einbringen können, stiessen wir auf die école vivante. Es geht uns um Kulturaustausch, ein Geben und Nehmen, ein Lernen und Lehren. Wir nehmen teil am Schulleben der école vivante, besuchen Lehrpersonen, tauschen uns aus, übernehmen selbst Unterrichtseinheiten (wobei es den klassischen Unterricht – man orientiere sich insbesondere auf der Webseite der Scuola Vivante – ja gar nicht gibt), begleiten die Kinder und werden Projekte der Schule in und neben der Schule mitentwickeln dürfen. Und davon gibt es genug.

Neben dem Schulleben, drängt die Fertigstellung und – inschallah – der Einzug in die neuen Schulräumlichkeiten. In diesen wird es mehr Platz für das Schul- und Freizeitangebot geben. Beides soll künftig nicht nur für die Kinder, sondern auch für Erwachsene im Aït Bougemez zugänglich sein. Ideen wie eine Bibliothek, eine Werkstatt oder ein Nähatelier schwirren umher. Es wird uns bestimmt nicht langweilig. Schön ist, dass wir uns kreativ und unbeschwert einbringen dürfen.

Agouti, wo wir wohnen, ist das erste Dorf im Aït Bougemez und liegt auf gut 1800 M. ü. M. Man kennt sich, ist verwandt und verschwägert; so ein richtiges Dorf. Die dickwandigen Lehmhäuser ranken sich den Hang entlang. Unten in der Flussebene liegen die Felder, abgetrennt und doch verbunden durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem. Morgens und abends werden die Wasserläufe gestellt, so dass jedes Feld zu seinem Wasser kommt. Obstkulturen, mächtige Nussbäume, Mandelbäume, Pappeln; daneben Getreidefelder und Graswiesen, die derzeit geerntet und ins Dorf zum Trocknen getragen werden. Hier legt man das Gras in Garben vor dem Haus aus bevor man es einlagert.

Um diese Jahreszeit ist es trocken und staubig. Doch die Temperaturen sind für uns erträglich; so um die 30° C. Unter Tag sieht man wenig Menschen. Vereinzelt trottet jemand mit seinem beladenen Maultier vom Feld zurück oder Frauen vollgepackt mit nasser Wäsche vom Bach herauf. Diese werden auf Büschen und Asthaufen rund ums Haus zum Trocknen ausgelegt. Es arbeiten hauptsächlich die Frauen. Sowohl im Haus als auf dem Feld sind sie am Werk. In den Morgen- und Abendstunden sitzen die Männer derweil im kühlen Schatten und verhandeln oder beobachten das wenige Geschehen. Vereinzelt streunen Kinder um die Häuser.

Tal der Glücklichen wird Aït Bougemez auch genannt, denn es wird von den umliegenden Bergen ausreichend mit Wasser versorgt, das Klima ist gemässigt und die Luft rein (ausser der Nachbar verbrennt eben seinen Abfall – der immer umfangreicher anfällt – im Moloch…). Dennoch: allzu glücklich scheinen mir die meisten Menschen hier nicht. Freundlich und herzlich sind sie, sehr! Aber Glück sieht für mich anders aus. Oft äussern sich Frauen, wenn sie ohne Männerbeisein sind, bedrückt und frustriert ob ihrem Los. Und auch den Männern scheint es bisweilen zu langweilig zu sein. Man komme so zu nichts sagt mir ein Berber, der in der Bretagne lebt und mit einer Französin verheiratet ist. Für uns bedeutet die Zeit hier auch ein Entschleunigen und flexibl bescheidenes Annehmen von Tatsachen.“

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