Eine Geschichte,
wie Schule auch sein kann


Wintergrüsse aus dem Hohen Atlas

von école vivante am 23. Dezember 2012
  • école vivante

Liebe Freunde, Förderer und Interessenten der école vivante Marokko,

Draußen im Garten spielen die Kinder der ersten bis vierte Klasse, stärken sich bei Brot, Olivenöl und Minztee und genießen die wärmende Sonne, die den Aufenthalt im Freien in der kalten Jahreszeit manchmal wohliger macht als drinnen in den ungeheizten Klassenzimmern. Nachdem der Morgen mit Sprachunterricht begonnen hat ist nun Frühstückspause, bevor es nachher mit Experimenten und Versuchen zur Wintersonnwende weitergeht.

Ende Dezember ist hier im Hohen Atlas Marokkos weder von der christlichen Weihnacht noch vom bevorstehenden Neujahrsfest etwas zu spüren, und dennoch herrscht eine ganz besondere Stimmung in diesen Tagen: Der stahlblaue Himmel, die schneebedeckten Berge und die tief stehende Sonne tauchen alles in ein wundersam klares Licht, und das Wissen, dass wir bereits beinahe die Hälfte des Schuljahres hinter uns haben, lassen in diesen Tagen eine Art feierliche Atmosphäre aufkommen. Das Kalenderjahr 2012 neigt sich auch hier in den abgelegnen Bergen, wo nur teils der Sonnen-, meist aber der Mondkalender gilt, dem Ende zu und die école vivante schaut auf ein ereignisreiches und vielversprechendes erstes Schulhalbjahr 2012/13 zurück.

Mit 30 Schülern und zwei neuen und höchst engagierten Lehrkräften startete das nun 6-köpfige Betreuungsteam im September ins dritte Lehrjahr nach der Gründung.
Gleich zu Beginn hatten wir während mehreren Wochen zudem eine gehörlose Praktikantin mit im Unterricht, die mit den beiden anwesenden hörbehinderten Mädchen und mit uns allen unsere Gebärdensprachkenntnisse weiter vertiefte. Diese bereits zweite Begegnung mit der Welt der Tauben und einer komplett anderen Kommunikationsform war eine große Bereicherung für alle und öffnete uns vollkommen neue Horizonte.
Die beiden Mädchen profitierten stark und sind nun fähig sich im Alltag mit Hilfe ihrer flinken Hände auszudrücken.

Ende Oktober kam eine Delegation unserer Schweizer Partnerschule zu Besuch. Zum ersten Mal seit der Eröffnung kamen nicht nur Lehrkräfte in die école vivante, sondern auch neun mutige Schüler aus Buchs SG. Die Begegnung zwischen den jungen Marokkanern und den schon etwas älteren Schweizer Jugendlichen stand beispielhaft für die Menschen-verbindende und respektvolle Pädagogik unserer beiden Schulen: mit viel Neugierde, Toleranz und herzlicher Offenheit trafen hier zwei Kulturen und Religionen aufeinander und lebten trotz der Unterschiede echte Völkerverständigung und ehrlichen Frieden.

Die rasche Annäherung und unkomplizierte Kommunikation zwischen den Schülern, trotz verschiedener Sprachen, zeigten eindrücklich die Früchte unserer nach Dialog und Menschlichkeit strebenden Arbeit: echte Nächstenliebe kennt keine Grenzen! Die mitgebrachten, teils selbst geschaffenen Spiele, wertvollen Materialien, kreativen Anregungen und das rege Mitarbeiten der Buchser boten Anstoß und unterstützen das ganze Team in der Weiterentwicklung unserer Lehr- und Unterrichtsformen.
Kurz danach kam eine uns vertraute Schweizer Heilpädagogin bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr in die école vivante und bereicherte den Unterricht mit neuen Ideen für kindgerechtes Lernen und war mit ihrem offenen Ohr und vielen hilfreichen Hinweisen eine wunderbare Stütze für die Lehrer.

Ende November gründeten uns gut gesinnte Menschen in Tuttlingen, meiner Heimatstadt, einen neuen Freundeskreis. Die zahlreichen und hoch motivierten Gründungsmitglieder machten gleich Nägel mit Köpfen und trafen sich Anfang Dezember mit Haddou, mit Jürg Mäder, dem Gründer unserer Schweizer Partnerschule, und mit den Professoren Holder, Löffler und Stöcker der Hochschule für Technik aus Stuttgart. So konnte die Planung des Baus der Freizeitateliers für die école vivantein professionelle und innovative Hände gegeben werden.

Es war ein Treffen, das neue Kontakte und die Verknüpfung verschiedener Projektideen hervorbrachte.  Ein vor vielen Jahren mit Studenten und Einheimischen geplantes Zentrum für die Erhaltung und experimentelle Weiterentwicklung des Lehmbaus soll nun endlich in kleinen Schritten und im Rahmen der école vivante verwirklicht werden. Damit bündeln sich die Kräfte und ziehen nun gemeinsam an einem Strang Richtung Gemeinnützigkeit, innovativer Nachhaltigkeit, Völkerverständigung und interkulturellem Dialog. Das sind wunderschöne Aussichten für das Jahr 2013!

Wir sind gespannt wie sich die Dinge weiterentwickeln und ich freue mich, davon berichten zu dürfen. Wir heißen alle Interessenten auch im neuen Jahr herzlich willkommen, das Projekt école vivante zu besuchen, und freuen uns auch über Bewerbungen zu den jeweils aktuell ausgeschriebenen Posten auf unserer Homepage. Von Herzen bedanken wir uns für alle Geld- und Sachspenden, für euren persönlichen Einsatz, für euren Zuspruch und das rege Interesse! Mit Wünschen für friedliche und besinnliche Tage mit viel Liebe, Wärme und Licht

Stefanie Itto Tapal-Mouzoun
Projektleiterin und Gründerin école vivante Marokko

école vivante
Freie Grundschule und Bildungsstätte
B.P.3
Ait Bouguemez
22450 Tabant- Azilal
Marokko
www.ecolevivante.com